190224 Verrat
Spiegel Nr 9 /23.02.19 „Gefährliche Schmähung“
Der Historiker André Krischer über die Bedeutung des Verrats in der politischen Auseinandersetzung, die
verheerende Wirkung sozialer Medien und den verkannten Heilsbringer Judas.
Das Interview war insofern erkenntniserweiternd, als man
über Verrat offensichtlich auch aus anderer Perspektive als der des Verratenen
schreiben kann.
Daran hatte ich noch gar nicht gedacht gehabt.
Man kann also Verrat verwissenschaftlichen: historisieren, konnotieren mit a:
sozialen Medien, mit b: Populismus, ihn als werthaltig für die Heilsgeschichte
verklären. Gebraucht von „Leuten, die irrigerweise glauben, dass es tatsächlich
so etwas, wie einen homogenen Volkskörper mit einheitlichem Willen gibt.
Mit einem Wort: Man kann den naiven Gebrauch des Begriffs als abseitig diffamieren.
Systematisch ausgeblendet ist da die andere Perspektive des
Wortes: Die des Verratenen.
Zur Definition von Verrat gehört die einzige Bedingung unter der er statthat:
Das ist das Vertrauen.
Das ist Vertrauen in den Menschen neben mir. Das ist persönliches Vertrauen in
Menschen, die für mich sorgen. Es ist persönliches Vertrauen in Menschen, denen
ich meine Sorge gebe.
Es ist Vertrauen in die Ordnung, in der ich mit meiner Familie tätig bin. Es
ist Vertrauen in den Staat, der mir seinen „besonderen Schutz“ versprochen hat,
und seinen BeamtInnen, die in der Pflicht dieses Versprechens stehen, bezahlter
Weise, lebenslänglich bezahlter Weise.
Dieses Vertrauen benötigt keinen „homogenen Volkskörper mit einheitlichem
Willen“.
Das ist eine zugespitzte Zwangsvorstellung,
mit deren Zurückweisung eine ganze Menge anderer Dinge in den Müll
gekehrt werden.
Denn das homogene Vertrauen eines jeden Einzelnen in den Staat ist kein Gefühl,
sondern es ist Pflicht.
Staat fordert dieses Vertrauen mit den Sätzen, in denen er „Schutz“ verspricht:
Schutz der „Würde“ und der individuellen Grundrechte in Artikel 1 bis 5 und „besonderen
Schutz“ derjenigen, die in Gemeinschaft mit und für Familie sorgen und
wirtschaften.
Mein Vertrauen, dass es neben mir einen staatlichen Willen gibt zum Gelingen
von Familie, zum Heranwachsen von fünf braven Kindern, zur Achtung vor dem
alten Vater, dass es gut gehen wird, auch wenn meine Frau mit Krankheit und Tod
„ausfällt“, wenn ich mit meiner Synchron-Leistung abfalle, Fehler wie Unfälle
wie Schicksalsschläge sich häufen, dass dann endlich einmal das Versprechen auf
„besonderen Schutz“ wirksam wird – dieses Vertrauen ist unabdingbar.
Niemals war das Vertrauen größer als in jenen zehn Jahren 1988 bis 1998, in
denen unsere fünf Kinder zur Welt kamen.
Staat schuldet Rechenschaft, wie er mit jenem Vertrauen gewirtschaftet hat. Da
ist nichts mehr davon da.
Ich verwende das Wort Verrat selten, sehr selten auf dieser Webseite. Aber ich
verwende es. Es bezeichnet einen Sachverhalt, der übrig bleibt, nachdem selbst das
Recht nur noch Recht des Staates zum Plündern ist. Es bezeichnet die Asche des
Menschen in der totalen Herrschaft der Bürokratie.
Notfalls kann ich es auch anders sagen:
Die Abgabenordnung hat den Artikel 6 abgeschaltet.
Der Behördenmob ist losgelassen.
Die Jagd auf Familie ist freigegeben.
Die Abgabenordnung hat den Artikel 6 abgeschaltet.
Hamburg, am 24.2.2019, Ekkehard von Guenther
www.keinkindergeld.de
Der komplementäre Begriff zu Verrat ist Vertrauen.